Artikel-Inhalt von Lockdown-Geschichten: Alain und Stephanie (3/3)
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Eine kurze Abendlektüre: Stephis und Alains Rückkehr aus Neuseeland
Erleben Sie mit, wie Stephi und Alain ihre letzten Tage in Neuseeland verbrachten. Wie der Weg zurück nach Zermatt war – und nun ein neues Kapitel für die beiden beginnt.
Wir schreiben den 10. September 2020: Immer noch auf der Südinsel ging es von Queenstown nach Christchurch und weiter nach Blenheim, wo wir die meiste Zeit auf Neuseeland verbracht hatten. Wir versuchten das Auto in Christchurch zu verkaufen – doch es gab kaum Interessenten. Nun hatten wir noch 5 Tage Zeit unser Auto zu verkaufen, falls uns das nicht reicht haben wir tolle Freunde die für uns das Auto verkaufen würden. Daher konnten wir ziemlich entspannt in die Verhandlungsgespräche einsteigen und mussten es nicht zu jedem Preis hergeben. Somit entschlossen wir die «Henrietta», unseren roten Nissan, in Blenheim zu inserieren. Gesagt, getan – und keine 15 Stunden später hatten wir auch schon 2 Interessenten.
Unser erster Interessent war aus Argentinien und hat alles probiert, den Preis zu drücken und unser Auto schlecht zu reden. Aber nicht mit uns :-) Dank unserem rund halbjährigen Aufenthalt in Südamerika kannten wir natürlich alle Maschen und Tricks und wir blieben bei unserem Preis. Das fiel uns leicht, auch mit dem Wissen im Hinterkopf, dass wir am nächsten Tag nochmals eine Interessentin treffen. Nach 20 Minuten Verhandlung kam der Argentinier bis an NZ$ 100 heran, doch er schlug nicht auf den angegebenen Preis ein. Wir vertrösten ihn auf Morgen, falls wir nicht erfolgreich sein sollten… In der Zwischenzeit durften wir wieder bei unseren Freunden Konni und David unterkommen, die uns sehr ans Herzen gewachsen sind und wir schon als Familie bezeichnen.
Am nächsten Tag trafen wir uns mit Sara, der zweiten Interessentin für unsere Henrietta. Sie schaute sich das Auto ganz kurz an, meint es wäre in Ordnung und sie würde es kaufen – aber sie möchte es noch von einer Teststelle durchchecken lassen. Nichts leichter als das, wir machten uns gleich auf den Weg, keine 10 Minuten später bestätigten die Mechaniker, dass unser Auto in einem top Zustand ist =) Sara war so lieb und war damit einverstanden, uns das Auto erst in 4 Tagen abzukaufen. Diese Zeit nutzen wir, um überall Bye Bye und «kia kaha» (pass auf dich auf) zu sagen. Später fuhren wir zu Sara, sie überwies uns das Geld und fuhr uns sogar noch nach Picton, wo wir uns von ihr und unserer Henrietta verabschiedeten.
Auf der Überfahrt von Picton nach Wellington kamen sehr gemischte Gefühle auf. Nach 10 Monaten in Blenheim ein Kapitel zu schliessen und die Heimreise anzutreten – das war speziell. Delfine begleiteten uns auf der Überfahrt durch die Marlborough Sounds, wir genossen nochmal die Aussicht und kamen am Nachmittag auf der Nordinsel an. In Wellington verbrachten wir das Wochenende mit Sightseeing und Shopping. Da überall Winter-Ausverkauf war (in Europa kündigte sich erst der Herbst an), nutzten wir die Gelegenheit um uns winterfest auszustatten. Am Montag früh ging es dann an den Flughafen von Wellington…
Nun nahmen wir die erste Etappe in Angriff, mit dem Flug nach Auckland – wo unsere Neuseeland-Reise begonnen hat. Wieder im Flugzeug zu sitzen und den ersten Flug nach 10 Monaten anzutreten, machte unsere Heimreise immer realer. In Auckland hatten wir einen Termin beim Doktor für den Covid-19 Test, welchen wir für unseren Flug über Dubai zurück in die Schweiz benötigten und dieser durfte nicht älter als 96 Stunden sein. Nach dem Test fuhren wir weiter nach Waiheke Island wo wir bei Tim & Bakeel eingeladen waren, um unsere letzten Tage in Neuseeland zu verbringen. Mit Tim verbrachten wir den Lockdown in der Marlborough Lodge und Bakeel, sein Partner, empfing uns herzlich am Ferry Terminal. Zusammen fuhren wir in ihr schönes Haus mit Aussicht über eine Sandbucht und den Pazifischen Ozean. Herrlich die letzten Tage der Weltreise so ausklingen zu lassen!
Auf Waiheke war der Frühling bereits angekommen, wir genossen wunderbares Wetter und konnten mit kurzen Hosen und T-Shirts die Tage verbringen. Die Weinreben hier entwickelten bereits wieder Knospen und Blätter… überall wo man hinblickte, es war alles in ein frisches frühlingshaftes Grün gehüllt. Die drei Tage vergingen viel zu schnell, wir hatten eine tolle Zeit und fuhren am 17. September 2020 mit der Fähre wieder zurück nach Auckland, wo wir die letzte Nacht verbrachten.
Zum krönenden Abschluss der 10 Monate Neuseeland genossen wir im Restaurant Ahi, welches der bekannte Kiwi-Koch Ben Bayly eröffnet hat, ein unvergessliches Abendessen. Er hatte eine Dokumentation «A New Zealand Food Story» gedreht, bei der wir im Januar in seinem ersten Pop-up im Waterfall Bay in den Marlborough Sounds mit dabei gewesen waren. So konnten wir Neuseeland noch einmal kulinarisch bereisen. Unser Platz war direkt am Tresen der Küche und die Köche brachten uns die Gänge, erklärten uns etwas dazu und standen auch für einen Small Talk bereit. Ein sehr stimmiger Abend ging zu Ende, wir machten noch ein Foto mit Ben und gingen zurück in unser Hotel, wo wir wieder packten.
Am nächsten Morgen machten wir uns ready, checkten aus dem Hotel aus, suchten ein Café zum frühstücken, fuhren zum Flughafen, gaben das Gepäck auf und gingen durch die leeren Hallen. Der sonst so belebte Flughafen in Auckland war wie leergefegt! Es gab ein einziges offenes Restaurant, in das wir uns setzten, bestellten zwei Neuseeland-Goodies, den Mince-Cheese-Cake und zwei Gläser «Bubbles».
Wieder hatten wir gemischte Gefühle: Wir freuten uns, unsere Familien und Freunde wieder zu sehen, waren aber gleichzeitig traurig Neuseeland zu verlassen, welches uns mit seiner Landschaft und den Menschen so ans Herz gewachsen war. Ein lachendes und ein weinendes Auge – passender geht es nicht!
Am Gate warteten wir auf den Flieger, stiegen ein und die ersten 19h unserer Heimreise konnten beginnen. Das Gute an Covid: Der Flieger war nicht voll und wir hatten genug Platz, dass wir uns abwechselnd hinlegen konnten zum Schlafen! In Kuala Lumpur gab es einen Zwischenstopp, das Flugzeug wurde aufgetankt, die Bäder geputzt und desinfiziert, die Crew wechselte. Nach 1,5 Stunden am Boden flogen wir wieder weiter und kamen am Morgen des 18. September 2020 kurz nach 4 Uhr in Dubai an. An diesem Flughafen herrscht Masken- und Handschuhpflicht, man musste durch einen Fieber-Scanner und wird nochmal gecheckt. Auch hier am Flughafen, leere Geschäfter wohin man blickt. Nur ein Gate ist geöffnet, jeder Flieger der kommt und geht, wird hier abgefertigt.
Wir nutzten die 4 Std Aufenthalt um uns frisch zu machen und 16’000 (!) Schritte zu gehen. Irgendwann waren wir nur noch am Menschen beobachten, hier gab es einiges zu sehen! Von denen, die die Maske nur auf Halbmast hatten bis zu solchen, die einen Overall, Handschuhe, Maske, Brille und Schutzschild trugen. Wir haben so gelacht!
Kurz nach 8 Uhr war dann Boarding Time für uns, wir stiegen in einen Bus und wurden an das äusserste Ende des Flughafens zu unserem Flugzeug gebracht. Wir fuhren an über hundert A380-Flieger vorbei, die auf dem Gelände parkiert waren vorbei! Die nächsten 6 Stunden Flug waren gefühlt länger als die 19 Stunden zuvor. Mit uns im Flugzeug nach Zürich waren ungefähr nur 40-50 weitere Passagiere. Um 13:20h kamen wir dann endlich auf dem Rollfeld in Zürich an, gingen zur Passkontrolle, wo Alain noch fragte, ob er einen Stempel in seinen leeren Pass bekommen könnte, doch der Zollbeamte blickte ihn nur verwirrt an und verneinte. Wir gingen weiter zur Gepäckausgabe, holten unsere Rucksäcke und machten uns ready um den Flughafen zu verlassen. Wir gingen los und wurden von unseren Familien und Freunden mit Kuhglocken, Plakaten, Schweizer und Deutsche Fahnen begrüsst – einfach wundervoll! Wir hatten Freudentränen in den Augen, umarmten alle und freuten uns riesig wieder bei unseren Lieben zu sein!
Vom Flughafen fuhren wir erst nach Wigoltingen in den Gasthof Wartegg, wo wir unser Gepäck im Zimmer abstellen konnten und danach weiter nach Frauenfeld zur Wohnung von Michèle und Christoph gehen konnten, wo wir am Abend bekocht wurden.
Um 21 Uhr fielen uns beiden die Augen am Tisch zu, wir spürten die letzten 35 Stunden, die wir bereits auf den Beinen waren. Ein sehr spezielles Gefühl, wir sind am 18. September in Neuseeland abgeflogen und am gleichen Tag in Zürich gelandet, waren aber so lange unterwegs…
Am nächsten Tag fuhren wir nach einem Brunch zum Rheinfall und genossen den Tag mit unseren Eltern. Mama Claudi hatte den Ausflug vorgeschlagen und wir hatten einen heissen Spätsommertag, was uns beide recht heftig traf. Vom Winter, immer mit Wind in Neuseeland, in die herbstliche, spätsommerliche Hitze der Schweiz. Nun vermissten wir fast die kühle Brise vom Ozean!
Am Sonntag fuhren wir dann mit Stephis Eltern nach Deutschland, wo wir noch einige Tage verbrachten. Familie und Freunde besuchen, überall «Hallöchen» sagen und zeigen, dass wir heil wieder angekommen sind. Danach ging es für uns nach Zermatt, um unsere Fotobücher der Weltreise zu gestalten. Wir wussten, wenn wir erst wieder arbeiten, machen wir diese nicht mehr so schnell. Zurück in Zermatt arbeiteten wir 2 Wochen an unserem Highlight-Buch der 578 Tage unserer Reise. Am 7. November hätten wir eigentlich unsere Welcome Back Party geplant, die jedoch aufgrund der Bestimmungen des BAG ins Wasser gefallen ist.
Die Präsentation machten wir trotzdem, jedoch online über Zoom und zeigten den 30 Freunden, die sich eingeloggt hatten, unsere Highlights der letzten 20 Monate.
Am 18. November fing Stephi dann im Ambiance an zu arbeiten und seitdem sind wir mitten in den Vorbereitungen für die Wintersaison.
Unsere Fotobücher sind fast alle fertig und nun sind wir bereit, euch bei einem Glas Single Malt oder Wein in der heimeligen Lounge von der grossen weiten Welt zu berichten.
Wir freuen uns auf Euren Besuch im Ambiance!
Liebe Grüsse
Stephi und Alain